Frauenbilder und Medien

Samstag, 3. Dezember 2011

Der Nowak und Gender Mainstreaming

Der Nowak lässt mich nicht verkommen, schrieb Hugo Wiener für Cissy Kraner. Ein Klassiker. Ob Hugo Wiener Rainer Nowak von der österreichischen Tageszeitung "die Presse" im Sinne hatte, darf bezweifelt werden. Schon alleine deshalb, weil Nowak ein doch nicht gerade seltener Name im Wiener Becken ist. Aber wie dem auch sei. Herr (Rainer) Nowak führt bei der Presse u.a. ein Kolumnistendasein und es kann durchaus vorkommen, dass Kolumnisten eine gewisse Nabelschau betreiben, indem sie dem geneigten Publikum Dinge aus dem persönlichen Alltag kredenzen. Das macht diese Kolumnen in vielen Fällen lesenwert.

Zur Sache: Herr Nowak publizierte am 11. 11. 2011 (Faschingsbeginn!) eine kleine Kolumne in der er seine Erlebnisse und Beweggründe darlegte als mittelalterlicher Mensch den Führerschein B nach zu holen. Tatsächlich könnte eine derartige Kolumne anderen Menschen Mut machen den Führerschein zu machen. Lobenswert!

Allerdings würde ich an dieser Stelle nicht von Herrn Nowaks Führerscheinerlebnissen schreiben, gäbe es nicht einen dezidierten Hinweis auf Gender Mainstreaming respektive Geschlechterverhältnisse im Allgemeinen.

Ich zitiere:

In Wahrheit war ich zu bequem gewesen. Bis heute schau ich beim Fahren lieber in die Landschaft oder lese im Zug ein Buch, statt mich auf den Verkehr zu konzentrieren. Aber meine Frau, die gern und schnell Alfa fährt, meinte, sie würde sich auch gern einmal die Landschaft ansehen. Mit zwei Kindern könnten (Not-)Fälle eintreten, die den Schein notwendig machen würden. Ich glaube zwar, dass es für solche Fälle Taxis oder Hubschrauber gibt, aber im Prinzip stimmte das natürlich. Auch wenn beide Töchter mit dem beruhigenden Gefühl aufwachsen, dass Mütter konzentriert Auto fahren und Väter für die Unterhaltung zuständig sind. Damit ist auch mein Beitrag zum Gender-Mainstreaming erledigt.

Mit anderen Worten Herr Nowak von "die Presse" reduziert seine Gender Mainstreaming-Bemühungen auf die alleinige Tatsache, dass er in Ermangelung eines Führerscheins, seiner Frau den Vorzug am Steuer lässt um gnädigerweise die Kinder aufmerksamkeitstechnisch zu versorgen. Mit noch anderen Worten: Herr Nowak scheint eigentlich der Meinung zu sein, dass Frau nicht hinter das Steuer gehört und dass das Überlassen des Lenkrades (noch dazu nicht freiwillig, sondern notgedrungen) ein Ansatz für Gender Mainstreaming sein könnte. Herr Nowak scheint weiter der Meinung zu sein, dass der Wunsch der ehemaligen Frauenministerin Helga Konrad "Halbe/Halbe" zu machen sich mit der Animation der lieben Kinderlein während einer Autofahrt bereits erfüllt habe.

Nun dies lässt tief blicken. Aber wir wollen Herrn Nowak durchaus entschuldigen. Es scheint fast so, als sei er durchaus bereit wesentlich mehr Beiträge zu Gender Mainstreaming zu leisten, nur ist das Medium für das er schreibt nicht unbedingt dafür bekannt als Johanna-Dohnal-Gedächtnis-Postille zu fungieren. Vielleicht bekennt sich Herr Nowak doch irgendwann zu mehr Halbe/Halbe so wie er es für den nachgeholten Führerschein gemacht hat. Und "die Presse" lasst den Nowak auch dann sicherlich nicht verkommen...

Nowak: Führerschein: Artikel

Samstag, 12. November 2011

Am Schauplatz - Prostitution in Schweden und Deutschland

Anlässlich des neuen Wiener Prostitutionsgesetzes hat der ORF das Thema für sich entdeckt. Eine Sendung der ehrenwerten Sendereihe "Am Schauplatz" zeigt, wie Prostitution in Deutschland respektive in Schweden funktioniert.

Die Grundaussage des Beitrages ist relativ einfach und tendenziell. Prostitution ist pfui gack und in Schweden ist alles besser, weil Prostitution verboten ist. Deutschland mit seiner liberalen Haltung bezüglich Prostitution sei deutlich schwieriger, Menschenhandel an der Tagesordnung etc.

Prinzipiell kann ich dieser Aussage ja beipflichten, doch ist die Art und Weise, wie dieser Beitrag "Am Schauplatz" gestaltet wurde bedenklich. Es wurden schwedische Äpfel mit deutschen Birnen verglichen. Es wurde ein einziger Freier interviewt, wobei es sich um einen Aktivisten gegen das schwedische Prostitutionsverbot handelte, der auch noch schwer körperlich beeinträchtigt ist. Dieser Mann outete sich vor der Kamera als Freier. Er bliebe lieber alleine und bevorzuge Sex mit Prostituierten. Ich hatte das Gefühl, dass er ein großes Stück Selbstbestimmung darin sah, sexuell aktiv sein zu können ohne eine Beziehung, die eventuell auf Mitleid fußt, eingehen zu können. Vielleicht ist es auch die Furcht vor Ablehnung aufgrund der sprachlichen und motorischen Beeinträchtigungen, die ihn zu diesem Schritt bewog. Das wurde nicht hinterfragt.

Zudem war sehr interessant, dass sowohl ein schwedischer Polizist als auch ein schwedischer Sozialarbeiter die Freier als Opfer beschrieben. Dazu muss man wissen, dass die Freier in Schweden grundsätzlich kriminalisiert werden, trotzden setzt man auch auf Beratung; ein Aspekt, der mir sehr wichtig erschien. Ferner ist der Umgang in Schweden in puncto Gleichberechtigung ein anderer als etwa in Deutschland und Österreich. Die Gesellschaft scheint mir viel offener - gerade was den Umgang mit Sexualität betrifft. Die schwedische Episode war sehr bemüht verschiedene Aspekte zu beleuchten. Die Reporterin hielt sich angenehm im Hintergrund.

Im Gegensatz zur Kollegin, die in Deutschland recherchierte. Es wäre besser gewesen sie nicht bei den Gesprächen einzublenden. Österreichischen Dialekt in Berlin zu reden kommt vielleicht nicht so gut, ebenso wie die persönliche Meinung in Wort und Gestik einfließen zu lassen. Ein schönes Beispiel war das Gespräch mit der Chefin eines Beratungsvereins für Prostituierte und einer Sexarbeiterin zum Thema "Verrichtungsboxen" in Dortmund. Die Verrichtungsboxen waren Bereiche, in denen Freier und Prostituierte am Straßenstrich ungestört sein konnten. Zudem gab es einen Notfallknopf für die Arbeiterinnen und eine Beratungsstelle in einem Container in der Nähe. Die Boxen wurden aus diversen Gründen wieder abgerissen und der Straßenstrich verboten. Die interviewte Beraterin und die Sexworkerin zeigten wenig Verständnis für den Abriss. Die österreichische Reporterin meinte daraufhin, dass es ja schließlich auch die Ehefrauen seien, die diese Boxen mitfinanzierten, vielleicht für den eigenen Mann sogar. Daraufhin entgegntete Frau Reböller (?) vom Beratungszentrum, dass dies ja nichts damit zu tun habe. Es habe die Stadt Dortmund die Boxen aufgestellt. Die Reporterin hakte nach: "Aber das sind ja auch Steuergelder." Die Replik der Sexarbeiterin kam wie aus der Pistole geschossen, dass auch Steuergelder bei einer Ermordung einer Prostituierten in Anspruch genommen werden würden, schon alleine wegen der Aufklärungsarbeit. Als die Reporterin sich mit einer Gruppe von Beraterinnen in Dortmund unterhielt und diese die Themen Dienstleistung und den Aspekt der Freier ins Spiel brachten, schien ihr das gar nicht recht. Sie nahm Wörter wie Gleichberechtigung und Abschaffung des Patriachats in den Mund. Eine der Beraterinnen brachte den Aspekt des Kunden ins Spiel und meinte, dass es eine Dienstleistung sei, die von fast jedem deutschen Mann in Anspruch genommen wurde. Sie sprach von einem "Bedarf". Die Reporterin brachte sofort das Beispiel Schweden und sprach davon die Männer umzuerziehen. Die Beraterinnen zeigten körpersprachliche Anzeichen von Wut. Die Reporterin bewertete durch ihre Fragen ganz eindeutig und ließ ihren eigenen Standpunkt, dass Prostitution verboten gehörte durchblicken, was die heftige Reaktion der Interviewten verdeutlichte. Die Beratungsstelle war ganz und gar nicht der Ansicht, dass Prostitution verboten werden sollte. Als ein Sozialarbeiter des Vereins Neutstart in Berlin ihr versicherte, dass das Verbot der Prostitution "sein Traum" wäre, kam ein heftiges bejahendes Kopfnicken.

Der Beitrag war also klar tendenziell für ein Verbot der Prostitution. Zwischenlösungen wurden nicht diskutiert. Es wurde auch mit keinem Wort recherchiert, wie viel Geld der Staat mit der Prostitution mache - oder wie leicht es in Schweden sei Sex gegen Geld zu bekommen.Einmal den Straßenstrich abzufahren und festzustellen, dass es einen offensichtlichen Rückgang gab ist zu wenig. Wenn die Dame vom ORF schon das Thema Steuern spielte, wäre es doch einmal interessant zu erfahren, wie viel Steuergelder ein Laden wie die groß gezeigte FKK-Sauna in Berlin abwerfe. Die Rolle des Freiers wurde über weite Strecken nicht beachtet oder tendenziell kriminalisiert. Die drogensüchtige und offensichtlich zugedröhnte Prostituierte von der Berliner Kurfürstenstraße bildete quasi den Rahmen. Sie tauchte zu Beginn und zum Schluss der Reportage auf. Als Mahnmal.

Am Schauplatz in der tvtheak

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