Mittwoch, 4. April 2012

Die Presse - feministisch?

Aus der Tageszeitung "Die Presse" ist man/frau so manches gewohnt. Feministische Töne sind allerdings eher selten dabei. Oder ist mir da etwas entgangen? Es scheint fast so. Der Kommentar von Friederike Leibl oder Friederike Leibl-Buerger zum Thema Frauenquote und "gender pay gap" ist erfreulich erfrischend.

Die Thesen, die Frau Leibl - offenbar in Anlehnung an die Berichterstattung im "profil" - erarbeitete sind nicht von der Hand zu weisen. Bestechend finde ich vor allem ihre Schlussfolgerung, dass immer mehr Quotenfrauen irgendwann auch einmal zu einer Normalisierung führen werden. Tatsächlich titelt das Magazin "profil" in der Ausgabe 14/2002 "Die Wahrheit über die Ungleichheit."
Es ist natürlich schön, wenn ein Nachrichtenmagazin die Wahrheit gepachtet hat und uns nun genau erzählt, wie das nun mit der Ungleichheit in den Gehältern ist.

Die These ist einfach. Der "Gender Pay Gap" - also der Unterschied zwischen Gehältern von Frauen und Männern bei gleicher Tätigkeit und Qualifikation - betröge rund 25 Prozent und dies sei Progaganda. Der Unterschied läge lediglich bei etwa 12 Prozent. "profil" tut so, als sei dies eine zu vernachlässigende Größe.

Frau Leibl kommentiert süffisant: "Diese rund zwölf Prozent verdienen Frauen laut Experten unter anderem weniger, weil sie andere „Motivationen“ haben und ein anderes „Engagement“ zeigen als Männer. Weil sie schlechter verhandeln, weniger wollen, sich weniger zutrauen. Weil sie aber auch weniger Risiko eingehen, lieber fixe Gehälter beziehen, als etwa ihr Gehalt mit dem Unternehmenserfolg oder eigener Leistung zu verknüpfen. Wenn diese Schlüsse zutreffen, also geschlechtsspezifisch sind, dann heißt das aber nichts anderes als: weil sie Frauen sind. "

Kommentar die Presse von Friederike Leibl
Profil-Artikel

Mittwoch, 22. Februar 2012

Die Sache mit dem Zwang

Neulich in einer Diskussion. Mein Mitdiskutant (männlich) brachte das Beispiel eines vermeintlichen Kindergartens in dem Buben zum Schminken und Mädchen zum Raufen gezwungen werden würden.
Abgesehen davon, dass ich nur ein Beispiel von einem Gymnasium kenne, in dem eine Lehrerin einen Rollentausch bei ihren Schülern (Burschen in Mädchenkleidern und mit weiblichen Vornamen) vornahm, war mein Mitdiskutant nicht davon abzubringen, dass die von ihm angeführte "Zwangs"maßnahme schädlich sei. Argumente, dass durchaus traditionelle Rollenbilder vielleicht etwas brachial hinterfragt werden würden, akzeptierte er nicht. Abgesehen, davon, dass ich Kinder ebenso wenig zu irgend etwas zwingen wollte, konnte ich mich nicht mit ihm darüber verständigen, dass es systemische Zwänge gäbe - Stichwort blau für die Buben, rosa für die Mädchen oder die fast schon obligate Puppe für die Mädchen und den noch obligateren Fußball für die Burschen. Aber wie dem auch sei.

Tatsächlich waren in der Diskussion zwei Punkte interessant. Das Thema Gender führt offensichtlich noch immer zu Abwehrreaktionen (nicht nur bei Männern). Hier dürfte also etwas schief gelaufen sein in der Kommunikation. Zweitens: Es werden systemische Zwänge noch immer als naturgegeben angesehen, was natürlich eine spannende Sache ist. In der Diskussion landeten wir auch wieder schnell bei dem Argument, dass Frauen ja schließlich auch schwanger werden würden. Ich lenkte dann ein mit einem "let's agree to differ" und versuchte es über die Diversitätsschiene. Hier ist deutlich weniger verbrannte Erde in der Diskussion festzustellen.

Samstag, 11. Februar 2012

Die blauen Narzissen und Gender Mainstreaming

Die "Blaue Narzisse" hat sich - ihres Logos gemäß - zu einer Pfeilspitze gegen das Gender Mainstreaming emporgeschwungen und schießt in schöner Regelmäßigkeit ihre Giftpfeile in Richtung jener Menschen, die versuchen eine Gleichwertigkeit der Geschlechter zu erreichen - bei gleichen Pflichten und Rechten. Unter dem Deckmantel der Gender Mainstreaming-Kritik verstecken sich verschiedene Gesinnungen, die oftmals offen gar nicht mehr ausgesprochen werden dürften.

In einem am 02. Februar verbreitet der männerbewegte Autor André Rebenow seine "grundsätzlichen und grundlegenden" Thesen zu Gender Mainstreaming, die gelinge gesagt ein Sammelsurium an Behauptungen sind, ohne empirische Grundlagen. Gewürzt wird das Süppchen noch mit einer guten Portion Verschwörungstheorie, da die Rede von "geheimen Akteuren" ist.

Die Auswirkungen von Gender Mainstreaming liegen für den Autor klar auf der Hand: "die Feminisierung der Sprache und des Bildungssystems, die political correctness und ständige Angriffe gegen Religion und Kirche, so sie christlich sind."

Wie bei Verschwörungstheoretikern üblich kommt noch eine gute Portion Opferbewusstsein hinzu. Der Autor bedauert, dass Anhänger (Anhängerinnen gibt es nicht) des GM die Kritiker*innen als "konservativ und rechtradikal" bewerteten. Die Opferterminologie geht natürlich munter weiter. "Herabsetzung der Männer", "Entrechtung der Väter". Ganz deutlich klingt eine Argumentation heraus, wie sie über die Jahrhunderte aufgebaut worden ist. Der Autor spricht davon, dass die Geschlechter verschiedene Aufgaben haben, die aus ihrer Verschiedenheit entspringen. Rebenow führt den Gedanken nicht aus. Die Interpretation fällt jedoch leicht. Der grundlegende Unterschied zwischen Mann und Frau besteht in der Schwangerschaft und dem Austragen von Kindern. Dies können Männer bis dato definitiv nicht. Daraus jedoch grundlegende Aufgaben zu entwickeln erinnert doch zu sehr an Heim und Herd-Mentalität.

Herr Rebenow spricht ebenfalls davon, dass weibliche Gewalt an Männern von Staat und Medien tot geschwiegen würde. Er bleibt uns jedoch die Zahlen schuldig, die ein solches Unterfangen demonstrieren. Eine kurze Recherche zeigt, dass das Thema keineswegs tot geschwiegen wird. So brachte die "Kulturzeit" auf 3sat (sic!!) einen Fernsehbeitrag zum Thema, indem auch kritisch zugegeben wurde, dass die Gewalt von Frauen an Männern stiege (oft aus falsch verstandenem Feminismus). Und als Anhänger*in des Gender Mainstreamings ist es absolut richtig auch dieses Thema aufzuzeigen. Und zwar differenziert und nicht schwarz-weiß.

Aber wie dem auch sei. Es geht noch abenteuerlicher. Den Frauen würde "die Ungerechtigkeit suggeriert". Herr Rebenow ist also der Meinung, dass es überhaupt kein Ungleichgewicht zwischen Mann und Frau gibt. Die These, dass immer mehr Frauen in den Arbeitsmarkt gedrückt werden würden, hat schon einiges für sich. Die Ursachen und Auswirkungen, die der Autor anführt, sind mehr als abenteuerlich. Heute müssen Frauen in vielen Fällen sich auf dem Arbeitsmarkt bewähren, da sie auch finanziell einen Beitrag leisten müssen. In vielen Familien geht es schlichtweg ums Überleben. Horrende Lebenshaltungskosten und sinkende Löhne sind die Ursache, hinzu kommt ein gewaltiger Druck über den Konsumismus. Die Alleinversorger*innnenmentalität hat ökonomisch ausgedient. Das von Rebenow angeführte Argument der Steuern und Abgaben ist nur bedingt relevant, da Frauen vornehmlich Teilzeitjobs ausüben und zumindest in Österreich Gehälter unter 1200 Euro Brutto nicht mit Lohnsteuer behaftet sind.

Wissenschaft und Technik - die letzte Bastion

Herr Rebenow sieht die Wissenschaft und Technik noch in Männerhand und fürchtet sich davor, dass immer mehr Frauen ini diesen Bereich eindringen. Sein Schreckensszenario besteht darin, dass die armen Männer in minder bezahlte Bereiche wie Pflege etc. abgedrängt werden sollen. Herr Rebenow stellt also nicht die Grundfrage wieso weiblich dominierte Berufe schlechter bezahlt sind und wie man/frau das ändern könnnte. Nein, er sieht sogar das Mittel der "positiven Diskriminierung" als Teufelswerk. Aus Gender Mainstreaming-Sicht ist natürlich die sogenannte "positive Diskriminierung" als Diskriminierung abzulehnen - zumal sie zu neuen Abhängigkeiten führen kann, die sie eigentlich bekämpfen sollte. Aber auch hier zeigt Herr Rebenow, dass er mit Halbwissen um sich wirft. "So gingen die Gender-Ideologen einen weiteren Schritt und erfanden die positive Diskriminierung. Wenn Frauen nicht Chef sein können, weil sie vielleicht nicht die Ausbildung haben, weil ihnen das Leistungsniveau fehlt, dann sollen Männer das auch nicht." So seine Einschätzung.

Das Beste kommt zum Schluss

Rebenow behauptet, dass "das männliche Verhalten" ausgetrieben werden würde. Jungen dürften sich nicht mehr körperlich messen (gemeint sind wohl die Faust oder der Degen, denn ich habe noch nicht gehört, dass sportliche Wettkämpfe aus GM-Kriterien verboten wurden). Dies führe zu einem Druckkesselverhalten und einem mehr an Aggressionen und Autoaggressionen, die mit Ritalin bekämpft würden. Das Schlimme ist, dass Herr Rebenow keine Beispiele oder empirische Anhaltspunkte für diese Behauptung liefert und sprachlich zur Verallgemeinerung tendiert.

Die Konklusio von Herrn Rebenow ist pauschal wie falsch. "Es bringt nichts, sich auf die Euphemismen der Politiker einzulassen. Nicht umsonst verlieren sie kein Wort über GM. Bekannt sein dürfte ihnen die sexuelle Gleichschaltung inkl. der Folgen schon längst." Gender Mainstreaming wird diskutiert und einer der Hauptpunkte ist nicht die Gleichschaltung sondern die Gleichwertigkeit der Geschlechter in ihrer Differenz.

Link: Blaue Narzisse

Dienstag, 31. Januar 2012

Ein Stück sexistische Poesie

Was man/frau nicht alles in der Jugend und der Poesie von sich gibt... und was man/frau nicht alles lesen muss an stillen öffentlichen Orten und Wartebereichen. Da sticht einem schon einmal die eine oder andere Alltagspoesie, die mit noch nicht ausgereifter Kinderhandschrift an irgend einen Metallpfosten geschmiert wurde ins Auge. So auch das folgende Beispiel:

Ein Beispiel sexistischer Poesie.

Der Reim holpert und stolpert ein wenig, aber es kann ja noch ein richtiger Dichter daraus werden. Hoffen wirs.

Freitag, 20. Januar 2012

Frauenkulturbericht

Neben dem Kunst,- und Kulturbericht der Stadt Wien gibt es einen sogenannten Frauenkulturbericht, der in den genannten Kulturbericht integriert ist. Der Kunst,- und Kulturbericht ist an und für sich eine Leistungsschau der Wiener Kultur. Die Institutionen der Stadt Wien werden vorgestellt und alle Leser*innen des Berichts können sich einen guten Überblick darüber verschaffen, was in der Stadt los war. Um das Beispiel "Literatur" (Bericht 2010) stellvertretend für alle anderen Bereiche heran zu ziehen. Die großen Literaturfestivals wie "Literatur im Herbst" und "o-Töne" werden ebenso angeführt wie die Aktivitäten der "Alten Schmiede". Dass in anderen Kultursparten die Aktivitäten vielfältiger und zahlreicher sind als in der Literatur ist ein eigener thematischer Bereich und wurde eigens bei einer Literaturenquete der IG Kultur und IG Autor*innen im November 2011 eingehend besprochen

Als ich auf dem Deckblatt des Kunst,- und Kulturberichts auch das Wort Frauenkulturbericht las, war ich freudig gespannt und positiv gestimmt, dass es hier im Sinne der Gleichstellung und des Gender Mainstreamings auch interessante Daten und Fakten gäbe, die diesem Weblog und meinem damit verbundenen Interesse entsprächen. Sie ahnen es schon; dem war nicht so - der Konjunktiv hat mich verraten. Der Frauenkulturbericht umfasst zwar fast die Hälfte der gesamten Darstellung, beschränkt sich jedoch auf eine Auflistung von Institutionen, die gefördert wurden und die einen weiblichen Vorstand inne haben. Zudem wurde in schönen Tortencharts dargestellt, wie die Jurybesetzungen bei den einzelnen Wettbewerben und Preisvergaben nach Geschlecht besetzt waren. Insofern ist der Frauenkulturbericht in diesem Punkt ein Gender-Bericht, da er zumindest Männer und Frauen abdeckt. Es finden sich keine Informationen über Kulturveranstaltungen mit einem Gender,- Frauenschwerpunkt - der/die geneigte Leser*in hat außer Listen nicht wirklich etwas. Und dann ist die Auskunft, dass in den geförderten Vereinen im Präsidium säßen durchaus ambivalent. Bei der IG Autor*innen ist mit Renate Welsh eine Frau als Präsidentin eingetragen und die Geschäftsführung obliegt einem Mann - Gerhard Ruiss. Ein Frauenkulturbericht, der nur quantitativ aufzählt wo überall Frauen mitarbeiten ist definitiv zuwenig und sagt nichts über das tatsächliche Verhältnis in der Qualität aus.

Dienstag, 3. Januar 2012

Mamaland

Sabine Scholl versteht ihr Handwerk als Autorin. Soviel ist gewiss. Außerdem ist sie eine viel Gereiste. Sabine Scholl wurde in Oberösterreich geboren, studierte in Wien, ging nach Aveiro in Portugal, zog nach Chicago, New York, und schließlich ins japanische Nagoya. Sie lebt heute mit zwei Kindern in Berlin, lehrt Literarisches Schreiben am DLL, seit 2009 am Institut für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst Wien. Sie verfasste zahlreiche Bücher, bekam etliche Preise und Stipendien.

Das Stichwort "Kinder" ist für ihr nächstes Buch das Leitthema: Mamaland, so der Titel des Werkes, das im Laufe des Jahres 2012 erscheinen soll.

Sabine Scholl versteht ihr Geschäft. Anfang November 2011 platzierte sie einen Auszug, einen Ausschnitt aus Mamaland im Feuilleton der österreichischen Tageszeitung "Die Presse". Einen anderen Textauszug präsentierte sie in der Ausgabe 95 von "Lettre international." Auch in der Literaturzeitschrift "kolik" (Aausgabe 47) ist von Mamaland zu lesen.

Worum geht es in "Mamaland". Im Wesentlichen ist es ein Dokumentation des Mutterseins über 4 Generationen und somit auch die eigene Geschichte von Frau Scholl. Während der Auszug in "die Presse" sich im Wesentlichen auf eine Episode in Chicago reduziert, gibt der Auszug in "Lettre" schon mehr her. Wir lesen von komplizierten Familienverhältnissen, in denen die Männer stets die großen Abwesenden sind, jene, die immer wieder neu anfangen (können). Wir lesen von den verschiedenen Wahrnehmungen der Mütter durch ihre Kinder und der Kinder durch ihre Mütter. Fremd,- und Eigenwahrnehmung ist neben den verschwindenden Männern eines der Hauptthemen in beiden Auszügen.

Sabine Scholl versteht ihr Geschäft, da sie bereits einen Kunstpreis der Wirtschaftskammer Oberösterreich (3000 Euro) für das noch nicht erschienene "Mamaland" gewonnnen hat. In der Presseaussendung der WKOÖ heißt es:

"Der Roman "Mamaland", der 2012 erscheinen wird, besticht sowohl durch Idee, als auch durch Konzeption und sprachliche Umsetzung. Gewohnt gesellschaftskritisch setzt sich die Autorin auch in diesem Roman wieder mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen, Stereotypen und sozialen Ungleichheiten auseinander. Sie beleuchtet und hinterfragt die Kons­truktion von Frauenbild und Mutterrolle in Literatur, Mythologie und Realität. „Mamaland“ ist eine — autobiografisch inspirierte — weibliche Geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts der Groß­mütter, Mütter, Töchter und Enkeltöchter, die sonst unerzählt bleibt. In klarer poetischer Sprache werden die verschiedenen Perspektiven aus mehreren Frauengenerationen gekonnt mit­ein­ander zu einem beeindruckenden Ganzen verwoben, das weit über eine einzelne Familiengeschichte, die in Oberösterreich ihren Anfang nimmt, hinausweist."

Sabine Scholl versteht ihr Geschäft. Das Nähen hat sie sich von der Mutter abgeschaut und so webt sie die Erzählstränge ineinander. Der Auszug in "Lettre" ist tatsächlich ein kunstvolles Ineinanderweben der einzelnen Frauenschicksale. Er zeigt jedoch auch, wie in unterschiedlichen Kulturen und Zeiten mit Kindern umgegangen wird, wie unterschiedlich Kinder in verschiedenen Städten aufwachsen und wie schwer es ist, Mutterschaft (das beginnt schon beim Stillen oder Nichtstillen können), Karriere und Selbstverwirklichung unter einen Hut zu bringen sind, wenn niemand anderes da ist, der die Erziehungsarbeit übernimmt. Besonders schwierig ist es als Alleinerziehende. Der alte "Ärzte"-Song "Männer sind Schweine" könnte als Subtext gelesen werden, auch wenn Scholl es nie so explizit sagt. Aber das mehrmalige Wiederholen, dass Männer "neu beginnen" können - ist nicht ohne Bitternis. Fast schon könnte man glauben, die Ich-Erzählerin begreift sich als Restbestand, als Übriggebliebene der alles überantwortet wird. Ein weiteres Thema ist die Einsamkeit auf verschiedenen Ebenso. Als Mutter und Intellektuelle fühlt die Ich-Erzählerin sich nirgendwo gut aufgehoben. Bei den anderen Müttern zählt das Intellektuelle nicht und bei den Intellektuellen ist das Thema Mutterschaft tabu. "Mamaland" erzählt also auch davon wie Mutterschaft das Leben verändert, vereinsamen läst, obwohl frau doch ständig von Kindern und Kinderbetreuer*innen umringt ist.

"Mamaland" ist auch ein politisches Plädoyer für gerechtere Regeln bei der Betreuungspflicht von geschiedenen Eltern und die Anerkennung der Kindererziehung und Mutterschaft als Arbeit und gesellschaftlichen Beitrag.

Sabine Scholl versteht ihr Geschäft als Autorin und Mutter. Davon legt "Mamaland" beredtes Zeugnis ab.

Mamaland - Auszug - Die Presse

Montag, 26. Dezember 2011

Neues aus dem Gleichbehandlungsausschuss

Wie kommt es nur, dass Sitzungen des Gleichbehandlungsausschusses nur selten mit einer breiten medialen Aufmerksamkeit bedacht werden. Der Chauvinist würde jetzt einfach sagen: Weil es eh wurscht ist.

Ganz so wurscht ist es dann doch nicht, was in einem Gleichbehandlungsausschuss bearbeitet wird, besonders dann nicht, wenn die zuständige Ministerin am Ausschuss teilnimmt.

Bestimmte Punkte wurden diskutiert. Interessant scheint der Hinweis in der Presseaussendung des Parlaments, dass Heinisch-Hosek die Kurzvarianten beim Kindegeld bevorzuge. Eine Neustrukturierung des Kindergeldes setze jedoch den Ausbau von Betreuungseinrichtungen voraus. Es deutet also Vieles daraufhin, dass Frau Minister Heinisch-Hoschek dem Modell des schnellen Wiedereinstiegs von Frauen in das Berufsleben durchaus etwas abgewinnen kann.

Weitere wichtige Positionen des Frauenministeriums für das Jahr 2012:

Stichwort Fraueneinrichtungen:
Ministerin Heinisch-Hosek führte laut Pressemeldung aus, dass im Jahr 2011 neun Fraueneinrichtungen mitfinanziert wurden. Die Ministerin zeigte sich zufrieden mit dem Ausbau der Frauenberatungsstellen. Eine wichtige Maßnahme sei, dass "die wirkungsorientierte Folgeabschätzung ab 2013" verpflichend sei. Es geht hier um ein Prozedere, das den Wirkungsgrad gesetzter Maßnahmen beschreiben soll, wobei die finanziellen Auswirkungen stets als "wesentlicher" Faktor vorgegeben sind. Weiters wurden die "verpflichtenden Gehaltsangaben in Stellenanzeigen" verteidigt. (Dies war eine lange Forderung in unserem Weblog).

Stichwort Pensionsantrittsalter:
Die Anhebung des Frauenpensionsalters kommt. Viele Frauen gingen aus gesundheitlichen Gründen früher in Pension. Heinisch-Hosek weist darauf hin, dass es durchaus sein könne, dass sich das Problem vom Pensionsbereich in den AMS-Bereich verschiebe. Was ist damit gemeint? Bei Männern ist bereits deutlich, dass viele arbeitssuchende Gemeldete im Alter von 60plus eigentlich nur mehr auf die Pension warten, aufgrund des erhöhten Pensionseintrittsalters jedoch quasi in der Warteschleife stecken. Sie werden daher als arbeitssuchend geführt, was ja inhaltlich nicht mehr stimmt. Thema sei es laut Frau Heinisch-Hosek die Menschen länger in Beschäftigung zu halten.

Stichwort: Kinderbetreuungszeiten
Es versteht sich fast schon von selbst, dass Menschen, die lange Kinderbetreuungszeiten bevorzugen, die meinen, dass Erziehung Sache der Mütter (im besten Fall der Eltern) sei, sich mit kurzen Kinderbetreuungsgeldern nicht anfreunden können. Allerdings erweist sich der Wiedereinstieg bei langer Betreuungsdauer als schwierig. Heinisch-Hosek weist darauf hin, dass (1) die Kindergeldregelungen mittlerweile etwas kompliziert wären (2) die Beliebtheit der langen Varianten mit dem Fehlen von Kinderbetreuungseinrichtungen zusammen hänge (3) der Wiedereinstieg bei langer Betreuungsdauer schwieriger würde. Offensichtlich strebt Frau Minister einen besseren Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen an und eine Reduktion der Langzeitmodelle beim Kindergeld, was bedeutet, dass Frauen schneller wieder in den Arbeitsmarkt finden können/sollen.

Anträge der Parteien:

Die Anträge der Oppositionsparteien sind noch spannender. Sie verraten viel über die Einstellung und Ideenwelt zum Thema Gleichberechtigung. So bringt die BZÖ-Abgeordnete Martina Schenk einen Antrag zur besseren Vernetzung von Familien- und Partnerberatungsstellen ein, um mehr Transparenz bezüglich Förderungen zu erhalten. Familien- und Frauenberatung würde sich doch immer wieder überschneiden und somit wäre die Schaffung von Kompetenzzentren durchaus sinnvoll. Dieser Antrag wird von der SPÖVP gegen die Stimmen der Opposition vertagt.

Die Grünen wünschen sich einen übergreifenden Gleichstellungsbericht über alle Ressorts. Die antragstellende Abgeordnete Judith Schwenter meint, dass bestimmte Maßnahmen der Gleichstellung entgegenwirkten. Auch dieser Antrag stößt auf wenig Gegenliebe. Ein weiterer Antrag verlangt eine Quote in allen Gremien des öffentlichen Dienstes sowie in staatsnahen Unternehmen, wo nicht mehr als 60 Prozent dem gleichen Geschlecht angehören dürften. Dies wäre natürlich auch bei weiblich dominierten Bereichen nicht uninteressant. Auch dieser Antrag wurde abgewiesen.

Die FPÖ hingegen will mit zwei Anträgen begeistern. (1) ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Situation der Frauen in Österreich, das den Grundgedanken der Wahlfreiheit zwischen Kinderbetreuung und Job, die Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten und der Pflege bei der Gehaltseinstufung in Kollektivverträgen vorsehe. Ferner fordert die FPÖ wirksamere Förderprogramme für den Wiedereinstieg. Nicht zuletzt die Forderung einer besseren steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung. All diese Maßnahmen führen dazu, dass Kinderbetreuung wieder in die Familien rückverlagert werden. Die Anrechung von Kinderbetreuungszeiten würde die Jobsuche wahrscheinlich noch einmal erschweren. Der Antrag sei teilweise in Umsetzung - so die Vertreter der Regierungsparteien. Eine Rücksichtnahme der Betreuungszeiten durch den KV wurde als kaum umsetzbar gesehen. Der Antrag wurde vertagt. Die Forderungen der FPÖ sind generell eher familien,- als frauenpolitisch ausgerichtet.

Weiters abgelehnt wurde der Antrag auf eine Studie zum Thema "Zwangsverheiratung". Die VP-Abgeordnete meinte in diesem Zusammenhang, dass es schon genug Studien gäbe und dass die Errichtung von Notwohnungen für betroffene Frauen das wichtigere Anliegen sei. Außerdem sei die demagogische Vereinnahmung einer solchen Studie entgegen zuwirken.

Insgesamt geht aus der Presseaussendung klar hervor, dass die Regierungskoalition die Zügel fest in der Hand hält und interessante Punkte der Opposition kaum durchkommen. Schade. Insgesamt lässt sich aus dem Bericht jedoch auch ein gemeinsamer frauenpolitischer Nenner herauslesen. Förderung statt klare gesetzliche Verpflichtungen (Stichwort Quote) und das Primat der berufstätigen Frau. Dass auch frauenpolitisch durch das "Recht auf Arbeit" (siehe Teilzeitarbeit, Altersarmut bei Frauen etc.) neue Abhängigkeiten geschaffen werden, scheint nicht zur derzeitigen frauenpolitischen Arbeit zu gehören. Ein Zurück an den Herd - siehe FPÖ - sehr wohl. Eine dritte Möglichkeit wird nicht einmal - wie es so schön im Politikjargon heißt - angedacht.

OTS Aussendung des Parlaments im Original

Donnerstag, 8. Dezember 2011

Gehaltsunterschiede nach wie vor hoch

Die Statistik Austria veröffentlichte eine Pressemeldung, die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen zum Thema hatte.

Der Unterschied ist mehr als deutlich. Laut Statistik Austria beträgt "Das mittlere Bruttojahreseinkommen aller unselbständig Erwerbstätigen [...] 2010 nach Berechnungen von Statistik Austria 24.516 Euro. Schließt man Teilzeitbeschäftigte und nicht ganzjährig Beschäftigte aus, lag das mittlere Bruttojahreseinkommen 2010 bei 35.474 Euro. Insgesamt verdienten Frauen mit 18.270 Euro nur 60% des Bruttojahreseinkommens der Männer (30.316 Euro), bei den ganzjährig Vollzeitbeschäftigten erzielten Frauen mit 30.775 Euro 81% des Männereinkommens (38.056 Euro). Spitzenverdienste von mehr als 500.000 Euro erreichten im Jahr 2010 nur 919 unselbständig Erwerbstätige, fast zur Gänze männliche Angestellte."

Mit anderen Worten: Der Unterschied im Einkommen von männlichen Vollzeitbeschäftigten und weiblichen Vollzeitbeschäftigten liegt noch immer bei etwa 20 Prozent.

Interessant ist, dass der Staat zur Abwechslung seine Hausaufgaben gemacht hat. Frauen hätten im Schnitt 93 Prozent des männlichen Einkommens, was noch immer Spielraum lässt, aber er ist vergleichsweise gering mit großen Bereichen der Privatwirtschaft.

Besonders krass sind die Unterschiede bei Pensionistinnen und Pensionisten. "Die rund 2,0 Mio. Pensionistinnen und Pensionisten in Österreich (inklusive der Beamtinnen und Beamten in Ruhe) bezogen im Jahr 2010 im Mittel 17.284 Euro brutto. Pensionistinnen erhielten mit 13.162 Euro nur rund 58% der mittleren Pensionseinkommen der Männer (22.860 Euro)."

Es gibt also noch viel zu tun.

Link: Statistik Austria hier

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